Berechnung der Rettungsweglängen in Industriebauten ?

Benutzer_812

Liebes Forum,

Bei der Berechnung der Rettungswege in einem Industriebau habe ich momentan ein wenig Verständnisprobleme.

Folgende Situation.

Industriehalle (LRH 7,00m) mit Regalen (H = 4,50m) immer zwei Regale (Rücken an Rücken) über eine Länge von ca. 35m.

Die Wege zwischen den Regalen sind immer Hauptwege von 3,30m Breite.

Nach diesen 35 m stoßen diese Hauptwege auf einen quer zu ihnen verlaufenden weiteren Hauptweg, welcher nach rechts und nach links in einen Ausgang ins Freie mündet.

Normalerweise habe ich um den Ausgang eine Zirkelschlag von (Hier interpoliert 41,50m Luftlinie) geschlagen. Und dann die wahre Lauflänge (max. 41,5 x 1,5 = 62,25m) abgetragen.

Der Prüfer bemängelte dieses und begründete das damit das die Luftlinie hier nicht so angesetzt werden kann, da die Regale als feste Einbauten gesehen werden. Was bedeutet das für meine wahre Lauflänge ? ist die dann gleichzusetzen mit der luftlinie oder habe ich jetzt gar keine luftlinie mehr ????????????

Bitte antworten..

Benutzer_99

Autor: Roland Witzl Hallo Frau Lösch,

nach der IndBauRL haben Sie eine max. Rettungsweglänge (Luftlinie = "Zirkelschlagkreis") von 41,0m (mittlere Raumhöhe bei Ihnen ist 7,0 m - interpoliert zwischen 5 m => 35 m und 10 m => 50 m).

Daraus ergibt sich eine max. zulässige "tatsächliche Lauflänge" von 1,5 x 41,0 = 61,5 m. Diese "tatsächliche Lauflänge" ist unter Berücksichtigung von Einbauten, bei Ihnen also die Regale, einzuhalten!

In Ihrem Fall heißt dies, dass die "tatsächliche" Lauflänge von der ungünstigsten Stelle gemessen maßgebend wird. Wenn sie diese Länge einhalten, haben Sie die Vorgaben aus der IndBauRL eingehalten.

Falls Interesse besteht, kann ich Ihnen diesbezüglich etwas zukommen lassen!

MfG, Roland Witzl

Benutzer_99

Autor: Roland Witzl Hallo Frau Lösch,

die IndBauRL gibt zum einen die Luftlinie (Zirkelschlagkreis) und die tatsächliche Lauflänge als Kriterium an.

Bei Ihnen ergibt Sie bei einer mittleren Raumhöhe von 7,0 m eine zul. Rettungsweglänge in Luftlinie gemessen von 41,0 m. Die max. zulässige "tatsächliche Lauflänge" ergibt sich zu: 1,5 x 41,0 = 61,50 m.

Dies ist die Länge, welche tatsächlich gelaufen werden muss (als bei Ihnen auf dem Hauptgang zwischen den Regalen zum Quer-Hauptgang und von dort aus weiter), um ins Freie (oder in einen anderen Brandabschnitt) zu gelangen.

Falls bedarf besteht, könnte ich Ihnen diesbezüglich etwas zukommen lassen.

MfG, Roland Witzl

Benutzer_99

Autor: ce hallo katja,

du kannst die wahre lauflänge von 62,25 m ansetzen. die regale sind richtigerweise als feste einbauten zu bewerten. jedoch gibt die indbaurl ja genau hierfür die vorgabe, dass die entfernung nach abschnitt 5.5.5 in der luftlinie, jedoch nicht durch bauteile gemessen wird. unter "bauteilen" sind hier jedoch nach allgemein vorherrschender Ansicht bis zur rohdecke durchgehende Wände gemeint. insoweit scheint der prüfer feste einbauten und bauteile durcheinander zu werfen. da die regale nicht bis unter die dachhaut geführt sind und in aller regel auch keine raumabschliessende wirkung haben, kannst du selbstverständlich die nach der indbaurl vorgegebene bemessung ansetzen.

mfg

Benutzer_99

Autor: R.Thieme Hallo Katja,

woraus der Prüfer das ableitet ist mir nicht klar, Ihre Grundbetrachtung ist schon richtig. Mit der zulässigen Lauflinie wird ja gerade gesichert, dass Einbauten den Rettungsweg nicht unzulässig verlängern.

Was ich bemängeln würde, wäre, dass Ihr zwischen den Regalen eine ?Sackgasse? von 35 m habt. Ich lasse dann am Ende immer einen mindestens 1 m breiten Durchgang nicht tiefer als 1,8 m machen, dass man ggf. auch hier noch eine Fluchtmöglichkeit hat.

Viele Grüße R. Thieme

Benutzer_99

Autor: R.Thieme Hallo Herr Lösch,

das habe ich schon mit der Bereitstellung von PG 50 kompensiert und genehmigt bekommen. Für einen PG 50 können Sie als Löschäquvalent 48 LE angeben. Für einen WH können Sie 15 anrechnen. Wer schon mal mit einem PG 50 gelöscht hat, der wird auch verstehen, was für Feuer mit dem löschen kann.

Viele Grüße R. Thieme

Benutzer_99

Autor: Franz Schächer Hallo Katja Lösch,

die Rettungswegelänge ist in Luftlinie - aber nicht durch Bauteile zu messen (IndBauRL Abschnitt 5.5 von .1 bis .7

Wenn man durch die Regale planmäßig nicht durchgehen kann, das ist meistens so, sind es "Bauteile". Die zulässige Länge bestimmt sich aus der Hallenhöhe zu 35 m (Grundwert) + 2/5 (für 7 m = 2 über 5 m zu 5 m Mehrhöhe) x (50 - 35 m) (ist die Mehrlänge aus Mehrhöhe) = 35 + 2/5 x 15 = 35 + 6 = 41 m zul L.

Kann man aus den Regallängen von 35 m nur nach e i n e r Seite fliehen ?

Meistens geht es nach b e i d e n Seiten. Zu vergleichen mit 35 m + Türabstand / 2 = ...

oder 35 m / 2 + Türabstand / 2 = ...

Denkbar ist auch, daß man einen Quergang durch regal durch baut, um sich einen Fluchtweg auch entlang der gegenüberliegenden Wand zu schaffen. Macht pro Regal e i n e n Platz aus, weil darüber ja Regalplätze bleiben.

Wenn es um ein paar w e n i g e Meter nicht reicht, kann man das schon auch so begründen, daß man "sonst" ja 41 x 1,4142 = 57,98 m laufen d ü r f t e, man kann also durchaus 45 m als zulässig begründen ...

Aber: bitte auch nicht übertreiben, eher mal eine Tür mehr in die Außenwand machen, weil durch Veränderungen im Betriebsablauf auch immer mal eine Tür wegfällt ... und dann wird es s e h r lang. Bitte nicht übertreiben.

mfg Schächer

Benutzer_99

Autor: Alexander Hallo Frau Lösch

Ich schließe mich grundsätzlich der Meinung von Herrn Schächter an.

Wenn man durch Regale nicht hindurchgehen kann und diese dauerhaft an der selben Stelle stehen sind sie wie Bauteile zu betrachten. Dasselbe trifft für Wände zu, auch wenn diese nicht bis an die Decke reichen.

Die beiden Messmöglichkeiten (echte Lauflänge und "Zirkelschlag" ohne durch Bauteile und festeingebaute Anlagen zu messen) sind aus meiner Sicht vorgesehen, da die Rettungswege außerhalb von Hauptgängen (15 m)aus betrieblichen Gründen nicht immer frei sind.

Man kann sich bei der Planung nicht immer nur die günstigste Möglichkeit aussuchen, sondern beide Maße sind einzuhalten.

In Ihrem Gebäude sind die Rettungswege nicht gerade günstig (Sackgasse).

Die Rettungswege und die Angriffswege sind aus meiner Sicht nicht zulässig.

Die Rettungsweglängen nach Industriebaurichtlinie sind aus meiner Sicht als Maximalwerte zu sehen. Bitte nicht nur die Kosten für den Bauherren sondern auch die Sicherung der Rettungs- und Angriffswege im im Blick behalten.

Der Art. 15 Abs 1 BayBO oder den gleichlautenden § Ihrer Bauordnung gilt auch bei Industriebauten.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander

Benutzer_480

Hallo zusammen,

ganz kann ich die Diskussion nicht nachvollziehen. Handelt es sich bei den Regalen um genehmigungspflichtige Einbauten? Was wäre bei Produktionsmaschinen? Nach den offiziellen Erläuterungen zur M-IndBauRL zu Ziffer 5.5 ist die RW-Länge unter Vernachlässigung der Einrichtung des Industriebaus zu ermitteln. Lediglich Bauteile wie Wände oder genehmigungspflichtige Einbauten sind bei der Luftlinienmessung zu umgehen. Letztlich entscheidend für den Rettungsweg ist doch die tatsächliche Lauflänge die überwunden werden muß und diese bleibt "1,5-mal-Zirkelschlag".

Beste Grüße

Peter

Benutzer_822

Hallo Peter,

die Formulierung heißt "Luftlinie - nicht jedoch durch Bauteile" für die Längenermittlung. Von genehmigungspflichtig usw. steht da nix. Wir sollten auch bei der Technik bleiben, nicht auf formaljuristische Begriffe ablenken.

Durch ein fest installiertes Regal kann ich nicht durchlaufen und wegheben kann ich es auch nicht. Also "Bauteil".

Der Sinn ist doch, die Rettung der Fliehenden und den Angriff für die Feuerwehr zu ermöglichen. Und beides hat so seine Grenzen. Und so kurz sind 41 m (oder auch 45 m) nun denn nicht, daß man das für vernünftig halten sollte. Es geht doch nur um die Frage einer Tür mehr oder weniger. Und das muß uns die Sicherheit der Nutzer UND der Feuerwehr wert sein !

mfg Schächer

Benutzer_480

Hallo Herr Schächer,

zunächst muß es doch darum gehen, die gesetzlichen Anforderungen fest zu stellen. Wir sind Executive, wenn Sie so wollen, nicht Legislative. Und deshalb ist es auch wichtig, neben dem "Gesetzestext" auch das zu lesen, was der Gesetzgeber in seine Erläuterungen - um uns das Verständnis zu erleichtern - geschrieben hat: und dort steht eben schon was von "genehmigungspflichtig" (siehe Erläuterungen zur M-IndBauRL, DIBT-Mitteilungen 2000, Nr. 6; dort zu Ziffer 5.5, 3. Absatz). Welchen Sinn würde denn die Bestimmung zur Lauflänge machen, wenn ich in Luftlinie, sprich "durch Regale" laufen kann? Sind vollbepackte Paletten, die ich sicher nicht "wegheben" kann, dann auch Bauteile? Wenn die Lauflänge 50% länger sein darf als die Luftlinie, schließt dies doch ein, dass ich irgendwo drumherum laufen muß. Und genau diese Lauflänge ist doch das einzig entscheidende: wie weit muß ich tatsächlich laufen!

Wenn die gesetzlichen Mindest-Anforderungen geklärt sind, dann können wir immer noch aus unserem sachverständigen Wissen heraus im Einzelfall zu weitergehenden Lösungen raten. Möglicherweise ist ja eine zusätzliche Tür durchaus sinnvoll, aber es geht eben nicht nur um die Frage einer Tür mehr oder weniger, sondern um die grundsätzliche Mindestanforderung, die wir dem Bauherrn zu erläutern haben. Wir können auch nicht den Zirkelschlag von 35 m auf 25 m verringern, nur weil wir der - sicherlich nachvollziehbaren - Meinung sind, dass dies der Sicherheit der Nutzer und der Feuerwehr zugute kommt.

Mit besten sonntäglichen Grüßen

Peter Häusler

Benutzer_99

Autor: Alexander Hallo Herr Häusler

Der Prüfer bemängelte die Situation bestimmt nicht aus Spaß.

Wenn bei Ihnen die Prüfer oder Behörden nicht so streng sind, können sie ja in vergleichbaren Fällen die Kosten für die Rettungswege für Ihren Bauherren minimieren.

Jeder trägt Verantwortung für seine Planung. Die Art. 3 und 15 BayBO (oder gleichlautende §§ der anderen Bundesländer)gelten auch für Industriebauten.

Wir sind keine Juristen müssen aber meiner Meinung nach bei der Planung der Rettungswege in Industriebauten beide Maße sicherstellen (Lauflänge und Zirkelschlag).

Wenn bei der Planung klar ist, das Einbauten oder Regale in Bezug auf die Sicherung der Rettungswege wie Wände wirken, müssen wir diese auch wie Wände behandeln.

Der weitere Betrieb wird die Rettungswegsituation im Laufe der Jahre, zumindestens außerhalb von Hauptgängen, verschlechtern.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander

Benutzer_480

Hallo Alexander,

sicher hat der Prüfer die Situation nicht aus Spaß bemängelt. Das kann aber doch nicht heißen, dass man darüber nicht diskutieren darf. Auch Fachleute irren gelegentlich. Natürlich auch ich und deshalb orientiere ich mich auch in diesem Forum. Mein Hinweis, auf die "genehmigungspflichtigen Einbauten" bzw. was als solche bezeichnet werden (dürfen, können, müssen ...), wurde in der Diskussion noch nicht vertieft.

Nach der hier offenbar mehrheitlich vertretenen Auffassung muss die sog. Luftlinie "begehbar" sein. Damit ist doch Luftlinie = Laufweg. Was darf denn dann im Wege stehen, dass ich einen 1,5-fachen Laufweg überhaupt brauche?

Schöne Grüße

Peter

Benutzer_99

Autor: Alexander Hallo Peter

Nachfolgend nochmal meine Auffassung.

Bei der Planung sind beide Maße sicher zustellen:

- Lauflänge und

- Zirkelschlag unter Berücksichtigung der Bauteile und Einbauten, welche in Bezug auf die Sicherung der Rettungswege wie Einbauten oder Wände wirken z.B. lange Regale ausgenommen Maschienen oder ähnliche Einbauten, welche ohne Probleme umlaufen werden können

Im Betrieb bzw.im Lauf der Jahre werden zumidestens außerhalb von Hauptgängen Paletten abgestellt oder zusätzliche Maschienen installiert oder es werden Pausenbereiche mit Wänden geschaffen.

Alles was keiner Genehmigung bedarf, wird in den meisten Fällen ohne Hilfe von Brandschutzplanern oder Kontrolle der Behörden geändert. Der Rettungsweg wird sich in der Regel verändern meist verlängern.

Aus meiner Sicht ist mit dem Faktor 1,5 genügend Sicherheit vorhanden bzw. ist dieser Faktor für die betrieblichen Änderungen vorgesehen.

Mit freundlichen grüßen

Alexander

Benutzer_466

Erl IndBauRL 5.5: "Die Rettungsweglänge wird unter Vernachlässigung der Einrichtung des Industriebaus ermittelt. Sie wird in der Luftlinie gemessen."

Meines Erachtens bedeutet dies, das die Rettungsweglänge in dem "leeren" Gebäude zu ermitteln ist. Es sind alle Bauteile (Teile des Gebäudes) zu berücksichtigen.

Bei der tatsächlichen Lauflänge ist das "eingerichtete" Gebäude zu betrachten.

Sowohl Luftlinie als auch Lauflänge müssen den Anforderungen nach 5.5 entsprechen.

Durch eine Nutzungsänderung (z.b. geänderte Regalierung) kann eine Überprüfung der tatsächlichen Rettungsweglängen erforderlich werden; dies ist durch den Betreiber sicherzustellen (ebenso wie die Benutzbarkeit der Rettungswege, Notausgangstüren, Feuerlöscheinrichtungen, etc.).

Gruß aus Bremen

Piet

vonhof

Hallo,

schließe mich der Meinung von Peter und Piet an.

Gruß

Alexander Vonhof