Hallo Herr Beuscher,
die Sache ist leider etwas kontroverser, als uns allen lieb sein kann:
die Oberste Bauaufsicht führt eine "Bestimmung", das kann eine Norm oder eine Fachveröffentlichung oder sonst etwas, als "Technische Baubestimmung" ("ETB") ein, dann ist sie der Bauplanung und Ausführung und Abnahme zugrunde zu legen, also baurechtlich bindende Technische Vorschrift (vergl.MBO/HBO §3(1).
Völlig unabhängig davon bringt ein privater Verein ("DIN", "Blechverband Montageanweisung Trapezbleche" usw. ) mit einem guten, gewachsenen Image ein Papier in Umlauf, von dem er selbst behauptet, es sei sachgerecht und zeitgemäß ("Regel der Technik") und bietet es der Fachwelt an, es als richtige Sicht der Technik anzuwenden. W e n n dann die Mehrheit der Sachkundigen dieses Papier (z.B. DIN) anwendet, wird es zur "anerkannten Regel der Technik" oder "allgem.anerkannten R.d.T.".
D a n n und n u r dann ist es automatisch bindend für Zivilrecht ("Rochtigkeit der gewöhnlichen Leistung" nach Werkvertragsrecht im BGB) und verbindlich für das Strafrecht.
Diese Verbindlichkeit hat formal nichts damit zu tun, ob diese Regel "ETB" wurde oder nicht. Wer weiß oder wissen müßte, daß es nur "so" richtig ist, macht sich schuldig oder auch strafbar, wenn er etwas anderes tut.
Im Zivilrecht kann man mit seinem Vertragspartner eine andere Lösung vereinbaren, im Strafrecht nicht.
Dann gibt es noch Technische Regeln nach Arbeitsrecht, Umweltrecht, Wasserrecht, Unfallverhütungsrecht, Elektro-recht ("VDE"), Gas- und Wasserrecht ("DVGW") .... letztere beide (VDE, DVGW) nach "Energie- wirtschaftsgesetz" des Bundes als allgemeinverbindlich zwingend vorgeschrieben. Und hat dann auch Bedeutung für den bau, z.B. als Brandmeldevorschrift usw.
Im Baurecht kann man sich unter bestimmten Bedingungen "Abweichungen" von der Bauaufsicht genehmigen lassen, dazu braucht es ein förmliches Verfahren (Antrag und Zustimmung). Und von "Baubestimmungen" ("ETB" kann man mit Zustimmung der Prüfingenieure abweichen, wenn beide erklären, daß das Schutzziel des Gesetzes auf die gewählte, andere Weise a u c h erreicht wird. Wenn das von einer "a.R.d.T." abweicht, kann aber der (ungefragte) Vertragspartner einen Schaden erklären (schon die reine Abweichung auch ohne Nachteile kann ein "Schaden" sein), wenn jemand zu Schaden kommt, greift der Staatsanwalt ein und prüft, ob die Gleichwertigkeit gegeben war.
U n a b h ä n g i g davon darf man n i c h t tun, was man als Fachmann als "falsch" erkannt hat. Z.B. fallen etwa 100 Kleinstkinder bei ihren ersten Rutschversuchen ("Tiefflieger", Kopf noch ganz am Boden) unter der untersten Stufe von Treppenläufen ohne Setzstufen durch, wenn dort ein Spalt größer 12 cm verblieben ist. Sie fallen auf den Treppenlauf darunter und sind schwer verletzt, viele mit Kopfverletzungen oder tot. "Eigentlich" sollte man als Planer und als Treppenbauer w i s s e n, daß das Risiko besteht, in den "alten Durchführungsverordnungen" zu den Bauordnungen stand das auch mal, in der DIN 18 065 steht es nicht (dort aus böser Absicht !!!) und vor allem jüngere Kollegen haben ein Problem und können wegen "Schaffung einer Verkehrsgefahr" nach Zivilrecht und Strafrecht belangt werden (passiert aber selten, nicht gleich Panik schieben).
Aber der Hinweis: wenn ich erkenne, daß eine Gefahr besteht, muß ich einschreiten, die gefahr zu beseitigen, wenn ich irgendwie mit der Sache zu tun habe ("Gewährsträger" - also Mitverantwortlicher). Hingucken, tätig werden, dann wird unsere Welt Zug um Zug ein klein bißchen besser.
Trotz dem komplitzierten Baurecht. Mfg Franz Schächer