Hallo wf112,
dazu sollten wir uns erst einmal überlegen, zu welchem Zeitpunkt der Wandhydrant zum Einsatz kommt.
Worüber wir hier auf jeden Fall nicht reden, ist ein Vollbrand in dem Raum, wo der Wandhydrant ist. Dafür ist er m. E. auch nicht gedacht. Als Feuerwehr sollten wir nach Möglichkeit noch tätig werden, wenn ein Brand noch zu beherrschen ist. Alles andere ist nur noch Löschen für´s Fernsehen.
Viele Brände, insbesondere die in einem Industriegebäude, haben bei Eintreffen an der Einsatzstelle kein solches Ausmaß, dass man sich als vorgehender Trupp unmittelbar in Gefahr begibt, wenn man sich im Brandraum aufhält. Meist steht der Gruppenführer auch noch in der Nähe des vorgehenden Trupps und überwacht die Löscharbeiten.
Und jetzt kommt eine Schilderung, die ich selber schon erlebt habe (man kann es aus meiner Erfahrung heraus als exemplarisches Beispiel betrachten): Ich komme als Gruppenführer an der Einsatzstelle an, es brennt ein Verschlag bzw. Einbau (noch Kleinbrand, aber mit Kleinlöschgeräten nicht mehr in den Griff zu bekommen) in einer etwas größeren Industriehalle, der Brand breitet sich im Verschlag aus. Schwierige Zugangssituation zur Industriehalle, da am Wochenende, zudem etwas rückwertig gelegen. Der vorgehende Trupp kann nur über eine Behelfsleiter zum Brandort gelangen oder muss einen riesigen Umweg machen.
Einsatzbefehl also: Komplette Löschwasserversorgung aufbauen, Verteiler vor den Eingang, Angriffstrupp unter PA mit einem C-Rohr vor.
Na ja, und da stand ich dann vor meinem Einbau und habe gewartet. Und gewartet (der Aufbau der Löschwasserversorgung ging zügig, aber die Zeit kann einem schon lange werden...) Und gewartet. Hab dem Feuer ein bisschen zugesehen, wie es größer wurde, die Rauchentwicklung nahm zu, ein weiterer Fahrzeugführer kam zugucken (offizell: erkunden), der Einsatzleiter kam ebenfalls erkunden (ging aber wieder), die Rauchschichtgrenze im Raum wanderte langsam nach unten. Die Flammen fingen an, aus dem Einbau herauszuschlagen (zum Glück war direkt darüber nichts, was brennen konnte). Sch... Gefühl übrigens, wenn man nur so rumsteht und nichts tun kann.
Und dann endlich kam mein Angriffstrupp. Die Brandbekämpfung hat dann vielleicht ein bis zwei Minuten gedauert. Anschließend haben wir dann in dem Verschlag noch eine Propangasflasche gefunden, die vom Brand beaufschlagt war. Und ich habe mir ernsthaft gewünscht, ich hätte einen Wandhydranten gehabt, dann wäre die Sache schon lange erledigt gewesen.
Richtig kritisch kann eine solche Situation bei Regalanlagen ausgehen. Durch die schachtähnliche Situation kann sich ein Feuer innerhalb einer Regalanlage besonders gut und schnell ausbreiten. Da kann der Einsatz eines Wandhydranten gegenüber dem Aufbau einer kompletten Löschwasserversorgung vom Fahrzeug aus tatsächlich schnell die Sekunden bedeuten, die zwischen Kleinbrand und Vollbrand entscheiden. Und wenn so etwas passiert - es sind Wandhydranten Typ F vorhanden, aber die Feuerwehr benutzt sie nicht - möchte ich nicht in der Haut des Einsatzleiters oder Gruppenführers stecken. Die Fragen könnten ziemlich unangenehm werden.
(Man kann es natürlich auch andersrum betrachten: Wenn ich als Feuerwehr den Einbau von Wandhydrangen grundweg ablehne, komme ich auch nicht in die Gefahr, sie benutzen zu müssen; also bin ich als Feuerwehr schön aus dem Schneider, wenn die Bude abfackelt.)
Im habe ich Einsatzfall im Industriebau im Wesentlichen nur zwei Zustände erlebt: Entweder man kann locker eine Brandbekämpfung vornehmen, dann kann ich auch als Feuerwehr zur Schadensminimierung sehr schön einen Wandhydrant für eine schnelle Brandbekämpfung benutzen, dafür ist er da. Oder aber, das Ding steht bereits so im Teil- oder Vollbrand, dass man schon mal die Versorgungskomponente alarmieren kann. Dann hilft aber auch kein Wandhydrant (mehr).
Und was Wasser am Strahlrohr anbelangt: Das möchte ich sehen, dass Sie in einer übersichtlichen Einsatzsituation draußen im Freien Wasser auf den Schlauch geben und dann den gefüllten Schlauch 50 m quer durch die Halle oder durch den Treppenraum oder Flur irgendeines Gebäudes ziehen, obwohl nur eine Gitterbox oder ein Fernseher oder eine Waschmaschine brennt. Das wiederum würde ich als praxisfern bezeichnen.
Übrigens ist mir konkret kein Passus bekannt, wann Wasser auf ein Strahlrohr gegeben wird. Dieses entscheidet der vorgehende Trupp eingenverantwortlich. In der FwDV 3 steht lediglich, dass der Trupp am Ziel sein Strahlrohr ankuppelt und Wasser marsch befielt. Wo dieses "Ziel" ist, ist nicht definiert, aber ich lasse auch mich gerne eines Besseren belehren.
Falls das alles ein bisschen agressiv klingt, möchte ich mich dafür entschuldigen. Aber ich persönlich halte Wandhydranten für bestimmte Gebäude oder bestimmte Nutzungen für sehr wichtig. Und ich habe kein Verständis dafür, dass Feuerwehrleute im Einsatzfall mit 120 durch die Ortschaft zum Feuerwehrhaus brettern, um 5 Sekunden "rauszuholen", um hinterher beim Aufbau einer Löschwasserversorgung ganze Minuten zu vergeuden. Da stimmt irgendwo die Verhältnismäßigkeit nicht.
Und es stimmt insbesondere nicht mit dem Argument überein, dass die Feuerwehren personell hoffnungslos unterbesetzt sein sollen, wenn sie ausfahren (die Freiw. Feuerwehren in Bayern sind nach Auffassung ihres Zentralverbandes sogar so unterbesetzt, dass sie keine Schiebleitern aufstellen können, weil ein vierter Truppmann auf dem LF nicht zur Verfügung stehen soll; abgesehen von der Frage, wer denn dann eigentlich den Rettungstrupp stellt). Wenn ich aber einen Wandhydranten benutze, kann dieses der Angriffstrupp alleine. Das spart mir gegenüber einer trockenen Steigleitung zwei bis vier, gegenüber dem konventionellen Aufbau einer Löschwasserversorgung auf jeden Fall vier Leute. Wenn die Feuerwehren wirklich unterbesetzt wären, müssten sie für jede nasse Steigleitung dankbar sein.
Und auch bei einer trockenen Steigleitung muss der Angriffstrupp irgendwo im Gebäude seinen Schlauch anschließen. Aber ich glaube, ich schweife langsam ab...
Noch eine Gegenfrage zu ihrem Beitrag: Wenn die Wandhydranten nur dem betrieblichen Brandschutz dienen sollen, wieso soll dann die Feuerwehr über die Anordnung für die Beschäftigten entscheiden ("Erstangriff durch die Benutzer")? Wieso soll der Hydrant dann Typ F sein? Wieso will die Feuerwehr überhaupt dem Betreiber seiner Verantwortung gemäß Arbeitsstättenrecht / Betriebssicherheitsverordnung nehmen? Wieso stellt die Feuerwehr ein Konzept auf, und nicht der dafür zuständige Fachplaner?
Schöne Grüße
Alexander Vonhof